Was ist „Inflammaging“?

 

In diesem Beitrag erfährst Du, wie sich Entzündungen in Deinem Körper mit fortschreitendem Alter auswirken.

 

Im letzten Jahr hat mich eine hartnäckige Ellenbogenentzündung beschäftigt. Mehrere Versuche, beim Physiotherapeuten meines Vertrauens und mit einem Orthopäden das Problem zu lösen, blieben erfolglos. Deshalb habe ich mich auf die Suche nach weiteren Ansätzen aus meiner lästigen Entzündung gemacht. Was ich bei meinen Recherchen herausgefunden habe, habe ich in diesem Blogartikel aufgeschrieben:

Wenn wir älter werden, können Schmerzen und Wehwehchen ein chronischer Teil unseres Lebens werden. Doch Experten sagen: Das muss nicht sein – und es gibt Lösungen auf dem Weg.

Jeder ist davon betroffen! Mit zunehmendem Alter nehmen die Beschwerden zu: Schmerzende Gelenke, Wunden, die langsamer heilen, und ein erhöhtes Risiko für Krebs, Herzkrankheiten, Demenz, Arthritis und andere Krankheiten. Diese Veränderungen sind die Folge eines Anstiegs von Entzündungsmolekülen im Körper im Laufe des Lebens, wie immer mehr Forschungsergebnisse zeigen. Der Zusammenhang zwischen Alter, Entzündung und Krankheit ist so gut belegt, dass er zwischenzeitlich einen eigenen Namen hat: Inflammaging.

Zurzeit entschlüsseln Forscherinnen und Forscher im Detail, wie sich Entzündungsprozesse im Laufe des Lebens verändern, was die Veränderungen auslöst und wie man möglicherweise in den Prozess eingreifen kann. Diese Forschungsarbeiten zeigen vielfältige Ansätze, von neuen Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln bis zur Förderung von gesunden Gewohnheiten wie etwa sportliche Betätigung, die dazu beitragen können, den Entzündungsprozesse  zu verlangsamen oder gar aufzuhalten.

Die Entzündungsforschung zeigt, wie schwierig es ist, Entzündungen in den Griff zu bekommen und die Gesundheit im zweiten Lebensabschnitt zu erhalten. Mit zunehmendem Alter verliert man die Kontrolle über Entzündungen. Viele Menschen fokussieren sich daher auf die Notwendigkeit, Entzündungen zu eliminieren. 

Aber es ist wichtiger, ein angemessenes Maß an Entzündungen aufrechtzuerhalten, um Heilung zu erreichen und die Lebensqualität zu verbessern. Schon wenn man fünf Jahre alt ist, heilt eine Wunde nicht ohne eine anfängliche Entzündungsreaktion. Das zeigt, dass eine Entzündung nicht schlecht, manchmal sogar nötig ist.

Merkmale des Alterungsprozesses

Die Menge an Molekülen, die Entzündungen im Körper fördern, steigt im Blut mit zunehmendem Alter an. Die vermehrte Anzahl dieser Moleküle kann zu neuen Entzündungen im Körper führen. Die Häufigkeit von Entzündungen steigt  in der Regel ab dem 50. Lebensjahr an. Dieser Zuwachs steigt noch mal dramatisch ab dem 60. Lebensjahr an, wie zahlreiche Studien belegen.

Ab den frühen Sechzigern steigt ebenso das Risiko für die häufigsten chronischen Alterserkrankungen: Krebs, Diabetes, Herzkrankheiten und Demenz. Und ab dem 65. Lebensjahr verdoppelt sich die Zahl der an Alzheimer erkrankten Menschen alle fünf Jahre. In den USA leiden 80 Prozent der Erwachsenen über 65 Jahre an mindestens einer chronischen Krankheit. Im Alter von 85 Jahren leidet ein Drittel der Menschen an Alzheimer, während ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen an Krebs erkrankt sind. Menschen mit mehr Entzündungen im Körper haben grundsätzlich ein höheres Krankheitsrisiko.

Die Wissenschaft hat ein Dutzend biologischer Veränderungen identifiziert, die mit Alterung einhergehen. Alle diese Alterserscheinungen sind auch mit Entzündungen verbunden. Entzündungen gelten daher als tragende Säule des Alterns.

Wenn Menschen älter werden, reduziert sich auch die Schutzfunktion ihrer Immunzellen. Diese lassen in ihrer Funktion nach, Eindringlinge zu bekämpfen. Diesen Zustand der Zellen nennt man auch seneszente Zellen. Auch andere Zelltypen können als Reaktion auf Stress seneszent werden. Sie hören auf, sich zu vermehren, erfüllen ihre Aufgaben nicht mehr und beginnen, intensiv Entzündungsmoleküle auszuschütten. Dies führt u. U. dazu, dass noch mehr Zellen in einem sich selbst verstärkenden Kreislauf altern.

Ein unerbittlicher Kreislauf

 

Im Alterungsprozess der Zellen häufen sich darüber hinaus die DNA-Schäden in den Zellen, vor allem an den Enden der Chromosomen dieser Zellen, den sog. Telomeren. Das sind die Enden der gebündelten DNA. Mit jeder Zellteilung werden die Telomere kürzer, bis eine kritische Länge erreicht wird. Die Zelle wird instabil und die zelluläre Seneszenz kann ausgelöst werden.

Wissenschaftler haben bereits die Folgen der Verkürzung der Telomere erforscht. Wenn Telomere beschädigt sind, kann dies zu einer Aktivierung von Proteinen führen, die bestimmte Gene an- oder ausschalten. Einige der betroffenen Gene können die Funktion der Mitochondrien beeinflussen, was wiederum zu Entzündungen führen kann. 

Früher betrachteten Wissenschaftler die Verkürzung der Telomere, die Schädigung der Mitochondrien, Entzündungen und andere Prozesse als separate Theorien des Alterns, die zu Krankheiten wie Krebs beitragen können. Heute ist klar, dass alle diese Veränderungen zusammenhängen und dass Entzündungen „Mitverschwörer“ im Alterungsprozess sind. 

Wenn eine chronische Entzündung entsteht, wird es für das Immunsystem schwieriger, Routineaufgaben wie die Immunabwehr zu bewältigen. Routineaufgaben wie das Erkennen und Eliminieren von Krebszellen und Krankheitserregern. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch erkrankt.

Entzündungen im Körper können auch Immunzellen im Gehirn, die Mikroglia, aktivieren, so eine Theorie, Dies führt zu Entzündungen im Gehirn bzw. einer Schwächung der Blut-Hirn-Schranke. Wird die Blut-Hirn-Schranke geschwächt, werden u. U. Nervenzellen im Gehirn beschädigt oder zerstört. Die kann auch zu Alzheimer-Erkrankung führen.

Das aufkommende Verständnis der Entzündung als unerbittlicher Kreislauf von Schritten, die alle die Entzündung verschlimmern, zeigt aber auch Ansätze auf, diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Gesünder altern

 

Die Bemühungen, gegen Entzündungen vorzugehen und Anti-Aging-Maßnahmen zu entwickeln, ist eine Herausforderung. Sie müssen spezifisch genug sein, damit sie nicht mehr schaden als nützen. Der Versuch, die chronischen Entzündungen des Alterns mit allgemeinen Entzündungshemmern zu bremsen, kann Menschen anfälliger für Krankheiten machend, weil der Körper ein verträgliches Maß an die Entzündungen braucht, um gesund zu bleiben. Wenn man eine Infektion hat, wird man ohne Entzündung sterben. Die Entzündung mit einer Bombe wie einem Kortikosteroid oder einigen monoklonalen Antikörpern zu stoppen, funktioniert. Aber es ist auch gefährlich.

Eine der vielversprechendsten neuen Strategien gegen Entzündungen ist die Bekämpfung seneszenter Zellen, sagen Experten. Bei Mäusen wurden verschiedene Mittel als wirksam getestet (e. g. das Quercetin), um diese unbrauchbaren Zellen loszuwerden und um Entzündungen im Darm zu bekämpfen und das Leben der Tiere zu verlängern.

Derzeit laufen klinische Studien mit diesen und anderen so genannten Senolytika, um herauszufinden, ob diese seneszente Zellen abtöten und den Kreislauf von Entzündungen und Krankheiten auch beim Menschen durchbrechen können.

Weitere mögliche Ansätze sind u. a., die Telomere wiederherzustellen, die Funktion der Mitochondrien zu verbessern oder sog. Anti-Aging-Gene (hierzu zählen u. a. die Sirtuine) zu aktivieren. Einige frei verkäufliche Präparate sollen die Anzahl der Sirtuine, erhöhen können. Diese Sirtuine helfen den Zellen auf Stress zu reagieren. Einige Over-the-Counter Nahrungsergänzungsmittel propagieren bereits die Wirksamkeit dieser Mittel. Doch leider ist die Wirksamkeit in der Forschung noch nicht hinreichend überprüft. 

Die Wissenschaft erhofft sich durch die noch ausstehende Forschung zukünftig besser zu verstehen, welche Mittel am besten helfen. Studien an Mäusen zeigen zwischenzeitlich verlockenden Möglichkeiten. So wurde beispielsweise gezeigt, dass Gewebe eine bemerkenswerte Fähigkeit besitzt, sich selbst zu erneuern, wenn man die Auslöser des Alterungsprozesses ausschaltet.

Fortschritte in der Immunologie liefern zudem neue Erkenntnisse, wie wir gute Entzündungen zulassen und gleichzeitig die negativen Folgen von zu viel Entzündung unterdrücken können. Wenn wir die Details des Entzündungsprozesses im menschlichen Körper besser verstehen, wird es möglich sein, Medikamente zu finden, die die Entzündung nicht vollständig unterdrücken aber die negativen Effekte womöglich eliminieren.

Einfache Maßnahmen Entzündungen zu regulieren und das Altern zu verzögern

 

Bis auf weiteres gibt es bereits einfache Maßnahmen, die Menschen ergreifen können, um Entzündungen im eigenen Körper zu bekämpfen, sagen Experten. Dazu gehört insbesondere Bewegung. Regelmäßige Bewegung fördert die DNA-Reparatur, verbessert die Funktion der Mitochondrien, aktiviert Sirtuine und kann, wie Studien zeigen, das Krebsrisiko senken und Diabetes, Herzkrankheiten und Alzheimer verringern. Regelmäßige, kräftige Bewegung ist am besten, aber schon 15 Minuten einfache Bewegung am Tag können einen Unterschied machen. Und sogar einfache Freizeitaktivitäten helfen bereits.

Auch eine gesunde Ernährung kann einen chronischen Entzündungszustand verbessern, wie verschiedene Studien zeigen. Eine mediterrane Ernährung mit einem hohen Anteil an Vollkornprodukten, Gemüse, Nüssen und Fisch ist zum Beispiel eine forschungsüberprüfte gesunde Ernährungsform.

Der Verzehr einer großen Vielfalt an Gemüse kann zu einer  besseren Funktion des Darmmikrobioms beitragen. Es neigt mit zunehmendem Alter dazu, weniger widerstandsfähig zu sein. Auch dadurch steigen mit zunehmenden Alter die Entzündungswerte im Blut an. Ein ganz pragmatischer Ansatz, das Mikrobiom zu fördern, ist der wöchentliche Verzehr von mindestens zehn verschiedenen Gemüsesorten.

Ein weiterer Ansatz kann darin liegen, das Körperfett proaktiv zu managen. Körperfett setzt Zytokine frei, die Entzündungen fördern. Wenn man also sein Gewicht durch Bewegung und Ernährung kontrolliert und somit Körperfett bewusst reduziert, kann das zusätzliche Vorteile bei der Risikominimierung von Entzündungen haben.

Auch das Rauchen sollte vermieden oder aufgegeben werden, da es bekanntermaßen die DNA-Schäden erhöht und Entzündungen fördert.

Ein weiteres nützliches Mittel zur Reduzierung von Entzündungen ist die Entspannung, da chronischer Stress mit verkürzten Telomeren, beschleunigter Alterung und Entzündungskrankheiten in Verbindung gebracht wird. Ausreichend Schlaf und Meditation und eine regelmäßige Yogapraxis können helfen, Stress abzubauen.

Gesunde Gewohnheiten wie die vorgenannten sind ein Leben lang wichtig. Aber sie werden besonders wichtig, wenn die Mechanismen, die unsere Zellen vor Schäden schützen, mit zunehmendem Alter immer weniger funktionieren. Diese sich anhäufenden Schäden sind eine der Hauptursachen für Entzündungen. 

Je älter Du wirst, desto wichtiger wird es, auf jede erdenkliche Weise einzugreifen!

Ich hoffe, der Beitrag hat Dir ein wenig geholfen, das Thema zu verstehen, und Du konntest Ideen entwickeln, wie Du gegen Dein Inflammaging vorgehen möchtest?!

Herzlichst, Frank